Bauhaus-Architektur wohin das Auge blickt! Deshalb machten wir uns heute auf, etwas mehr über die Geschichte dieser Häuser in Tel Aviv zu erfahren. Wir starteten im Bauhaus Zentrum in der Diezgenhofstrasse mit dem Audioguides, den wir dort ausleihen konnten. Nach einer kurzen Einführung über die Architekten, schickte uns die freundliche junge Frau auf den Weg: 13 besonders markante Gebäude schauten wir uns genauer an und die Stimme der älteren Dame vom Audioguide klang sehr vertraut. Ihr Deutsch klang dem unserer schlesischen Grossmutter ähnlich. Die Häuser sind teilweise restauriert, andere hingegen, z.B. die mit einer gelben Steinmörtel-Fassade noch immer ansehnlich. Einige brauchen dringend eine Sanierung.
Tel Aviv war ursprünglich Ende der 20ziger Jahre als Gartenstadt vor den Toren der 4000 Jahre alten Hafenstadt Jaffa geplant. Aufgrund der rasanten Bevölkerungszunahme, vor allem durch jüdische Immigranten aus Europa, überfüllte sich die arabische Stadt und eine Baubewegung vor den Toren von Jaffa begann. Und das gleichzeitig mit der Bauhaus Bewegung in Deutschland. Die Anlage der Stadt erinnert tatsächlich an unsere Gartenstädte, z.B. Marga bei Senftenberg. Aber ein gravierender Unterschied fällt sofort auf … keine steilen deutschen Dächer und verzierende Details an der Fassade, sondern flache arabische Dachflächen und klare Linien an der Fassade. Grössere Fenster gliedern die Wandflächen und sorgen für hellen Wohnraum.
Je tiefer wir in die Stadtviertel hinein laufen und je mehr wir der älteren Dame zuhören um so öfter ziehen wir Vergleiche zu Hoyerswerda. Die meisten der jüdischen Einwohner waren sehr gut ausgebildet, mehr oder weniger überzeugte Sozialisten und gewillt, mit ehrlicher, harter Arbeit eine neue Welt aufzubauen. Dementsprechend überwiegen Mehrfamilienhäuser mit vielen 3 Zimmer Wohnungen und nicht bourgeoise Villen. Licht und Luft kann ungehindert in die Wohnungen gelangen und die Flächen um die Gebäude herum (und die wunderbaren Dachterrassen) wurden gemeinschaftlich genutzt. Viele der Gebäude wurden genossenschaftlich errichtet und von Gewerkschaften verwaltet … eben ein wenig wie bei uns 🙂
Die Gebäude wirken noch jetzt zeitgemäss und modern und wir könnten uns gut vorstellen in eine der Wohnungen einzuziehen. Eben weil es keine uniformen Plattenbauten sind, sondern individuell geplante, architektonisch ansprechende Häuser. Gut erkennbar ist die „Lernkurve“ der Architekten, die während der 30ziger Jahre ihre Gebäudeentwürfe ständig veränderten, von der Symmetrie zum Kubismus und Anpassungen an die örtlichen Gegebenheiten (z.B. das heisse Klima) vornahmen.
Der Vorteil der Audio Guide Tour ist klar: wir können in unserem eigenen Tempo durch die von Bäumen gut beschatteten Strassen spazieren und in Hausflure zumindest die Nase hinein stecken. Das tolle Café Cafelix bietet den besten Kaffee der Stadt und die Chance in eines der Bauhäuser hinein zu gelangen. Somit ist sowohl die Tour als auch das Café unbedingt zu empfehlen.
Der Spaziergang lässt ausserdem genügend Zeit übrig, um die anderen unbedingt empfehlenswerten Tel Aviver Atraktionen zu erleben: Strand mit nicht zu starken Wellen und gutes Essen!