Schnurgerade zieht sich die Teerstrasse dahin. Keine Kurve, keine Senke unterbricht unser meditatives Geradeausfahren. Das Thermometer zeigt muckelige 32°C an und die Sonne lässt den Teer am Horizont flimmern. Wir fahren dem Caprivizipfel 500 lange, gerade Kilometer entgegen. Links von uns liegt Angola, rechts der Strasse das Ovambaland. Alle 100 Kilometer stoppen wir auf einem „Rastplatz“ mit mal etwas mehr, mal etwas weniger Schatten. Die Raucher paffen schnell ihre Zigarette. Bevor es weiter rollt tauschen wir noch Fahrerin / Fahrer. Grössere Siedlungen gibt es nicht … Geschwindigkeitsbegrenzungen regulieren uns von 120 km/h (fahren wir fast nie) auf 100 und dann 60 km/h herunter, wenn eine kleine Ortschaft mit kleinen Wellblech-Läden und bunt bemalten Shebeen (Kneipen) an uns vorbei ziehen.

Unser Ziel ist Rundu und damit das Ufer des Okavango River. Je weiter wir in östliche Richtung rollen, um so grüner wird die Landschaft. Palmen ragen aus Hirsefeldern und die Strasse hat fast etwas von einer europäischen Allee … wäre da nicht der staubige Sandweg links und rechts der schlaglochreichen Piste. Inzwischen hat die Mittagssonne ihren Zenit überschritten und zu den plötzlich die Strasse querenden Kühen, Eseln und Ziegen kommen nun die heimwandernden Schüler dazu. Jede Schule scheint eine eigene Schuluniform zu haben … gelbe Hemden wechseln sich mit grauen Pullovern und dann wieder blauen Blusen ab. 6 Stunden rollendes Autokino!

Eigentlich hätte der Blog auch „rollende Planung“ heissen können … aber ich denke, dass wir diesen Titel bereits bei allen anderen Reisen „verbrannt“ haben :-). Gestartet zu unserer Tour in den äussersten Osten Namibias sind wir an den Epupa Wasserfällen und der Plan war, dass wir dem Flusslauf der Kunene folgen. Allerdings beschreibt der Iwanowski Reiseführer die Strecke als recht rau und gerade in der Regenzeit als schwer bis gar nicht passierbar. Wir sind gerade am Ende der Regenzeit … aber bei der Herfahrt zu den Epupa Falls hatten wir recht heftige Regenfälle im Zebra-Gebirge und das entwässert sich zum Kunene River. Wir fragen an der Rezeption und die Reaktion ist eindeutig … fahrt nicht am Flussufer entlang. Etwas betrübt rollen wir aus dem Camp und ich frage nochmals zweifelnd in die Reisegruppe, ob wir nicht so wie die 3 Landrover auch zum Flussufer abbiegen sollen (letzte Chance), aber wir setzen auf Sicherheit und donnern über die Gravelroute Opuwo entgegen. Das unsere Entscheidung richtig war, bekommen wir 2 Tage später bestätigt 🙂

Auf dem Weg nach Opuwo fahren wir durch das Siedlungsgebiet der Himba. Links und rechts neben der Kiespiste liegen ihre von einem runden Holzwall eingefassten Dörfer. Wir stoppen kurz um 2 Himba Damen mit aussergewöhnlicher Haarpracht zu fotografieren und fragen uns wieder einmal, wie wir es finden würden, wenn wildfremde Menschen uns am Strassenrand für ein Foto ansprechen würden oder an unserer Haustür klopfen und fragen, ob sie unsere Wohnstätte einmal besichtigen dürfen … wäre befremdlich, oder?

Die Lösung ist ein „Ovahimba living museum“ … ein lebendes Himba Dorf Museum. Wir folgen dem schmalen Sandpfad bis zum Eingang des Dorfes und werden von einem jungen Mann (Meteorologie Student aus Windhoek) begrüsst und verhandeln kurz, welche Dorftour wir machen wollen. Eine kleine Runde durchs Dorf, einen Himba-Kosmetik Workshop, Tanzunterricht oder eine Hochzeitszeremonie stehen zur Auswahl … wir wählen die kleine Dorfrunde mit Erklärungen zum Dorfleben.

Alle Männer haben mit dem Vieh, meist Rinder und Ziegen, das Dorf verlassen … bis auf einen, der auf die Frauen aufpasst. Das Dorf ist rund angelegt mit einem Durchmesser von 100 Metern. In der Mitte befindet sich ein Kral, ein eingezäunter Bereich, in dem am Abend die Tiere untergebracht werden. Ringsherum stehen kleine runde Hütten aus Holz und Lehm. Die grösste Hütte hat eine quadratische Grundfläche und dient dem Oberhaupt des Dorfes und Zeremonien. Unmittelbar davor brennt das ewige Feuer, dass nie erlöschen darf. Wir probieren den Hirsebrei mit Ziegenmilch … sauer und schwer geniessbar … und sehen bei der Zubereitung der Kosmetik zu. Die Himbas mit tiefschwarzer Hautfarbe tragen eine rötliche Paste auf, die mit Fett, Kräutern, rotem Steinsalz und Asche erzeugt wird und die Haut vor den Umwelteinflüssen (Sonne, Hitze, Kälte) schützt. Die halbnomadisch lebenden Himbas tragen als Kleidung einen Lendenschurz (Männer) oder bunte Gürtel um die Hüften (Frauen) und sonst nix mehr. Zum Schluss des Rundganges wird dann noch getanzt und sowohl Conny wie auch Sebastian können die Beine nicht still halten und tanzen „ekstatisch“ mit 🙂

Die Nacht dürfen wir in einem richtigen Bett verbringen, in einem Stein-Bungalow und wir werden bekocht … eine willkommene Abwechslung zum Camper Leben. Die Uukwaluudhi Lodge haben wir für uns allein und wir geniessen den Pool, den Sonnenuntergang auf dem Lodge Deck und den morgendlichen Game Drive in den Busch. Wir bewundern Oryx Antilopen; Zebras galoppieren in grossen Gruppen durch die Savanne, finden die Spuren einer Hyäne und zum Schluss grüsst uns eine Giraffen Herde.

Gut gestärkt vom Frühstück rollen wir die schnurgerade Strasse nach Oshakati und zu unserem nächsten Camp … dem Ongula Village Camp. Die Ovamba Region ist das bevölkerungsdichteste Gebiet Namibias und besitzt einen völlig anderen Charakter, als die bisher besuchten Orte. Der Tourismus ist quasi nicht existent. Die meisten Besucher Namibias umfahren dieses Gebiet und besuchen den Etosha Nationalpark. Das wollten wir nicht.

Das Land ist flach und grün und Siedlung folgt auf Siedlung. Wir stoppen auf einem kleinen Markt und entscheiden uns gegen die angebotenen Mapone Würmer und für den Trockenfisch. Dann biegen wir von der geteerten Hauptstrasse ab und fahren auf der Sandpiste bis in die Siedlung Ongula. Hier hat die Dorfbevölkerung die Initiative ergriffen und ein selbstverwaltetes Camp mit 4 Bungalows und 2 Camper Stellplätzen erstellt. Wir sind sofort begeistert. Der Empfang ist sehr freundlich und warmherzig. Das Camp liegt mitten im Dorf und das Hauptgebäude ist sehr ansprechend eingerichtet (viel Recycling und regionale Materialien). Während wir unsere Jeeps auf den einfachen Stellplätzen versorgen und die Zelte aufrichten, entscheiden wir uns spontan, nicht selbst zu kochen, sondern das angebotene regionale Dinner zu geniessen.

… und sie geben sich so viel Mühe mit uns. Auf einem sandigen Platz unter dem freien Himmel wurden zwei Tische festlich eingedeckt. Bequeme Sessel stehen bereit und im Kral knistert ein Feuerchen. Wir geniessen als Starter einen köstlichen Hirsesalat und trauen uns neben dem scharfen Hühnchen, auch die Mapone Würmer und den Hirsepapp zu probieren. Dazu gibt es noch wilden Spinat, Kürbis und scharfe Bohnen.

Im dunklen rollt noch ein Jeep auf die Campsite … das deutsche Paar sieht echt geschafft aus und natürlich führen wir unser obligatorisches Reisende-Austausch-Gespräch (woher – wohin). Das „Woher“ kennen wir … die Epupa Falls. Allerdings haben sich die beiden für den Weg der Kunene entlang entschieden und bereuten es. 10 Stunden harte Fahrt inklusive Festfressen im Schlamm und Freischaufeln … war eine gute Entscheidung von uns nicht der Kunene zu folgen 😉 …

Thomas gibt Berufsschulunterricht …

2 Gedanken zu “Schnurgerade …

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