Heute ging es für mich, Jörg, wirklich an mein persönliches Limit! Auf dem Programm stand der Besuch einer Felsenkirche mitten in den Bergen des Gheralta Gebietes. Die Kirche Abuna Yemata gilt als die schwierigst zu erreichende im Umkreis von Hawzien. Und ja „schwierig“ trifft es recht genau.
Im Nachbardorf stieg unser heutiger Guide Gigi inklusive einem Kletterseil zu uns in den Minibus und eine halbe Stunde später stehen wir vor einem imposanten, schroff und zerklüfteten Felsen. Gigi deutet auf eine Stelle fast ganz zu oberst und erklärt, dass dies nun unser Ziel sei. Der Zustieg zum Berg ist noch einfach, der Hang steilt allmählich an und zuerst gleicht es einer leichten Bergwanderung. Dann kommt das erste steilere Stück. In hunderten Jahren haben tausende Füsse gut nutzbare „Stufen“ in den Felsen getreten. An den ersten Stellen müssen bereits die Hände zur Hilfe genommen werden … aber noch ist alles machbar. Dann gilt es einen exponierten Felsen auf einem schräg abfallenden, nicht einmal Handtuch breiten Band zu queren. Nach unten blicken wäre ein schwerer Fehler. Nachdem wir alle diese Stelle überwunden haben stehen wir vor einer ca. 10 Meter hohen nahezu senkrechten Wand. Am Fusse der Wand stehen 2 einheimische Scouts, die unseren Eintritt bekommen und dies mit 2fachen Durchschlag in einem Quittungsblock vermerken.
Inzwischen hat Gigi das Kletterseil und einen sehr altersschwachen Klettergurt ausgepackt. Einer der am Felsen wartenden Scouts klettert leichtfüssig die Wand nach oben und richtet in luftiger Höhe den Standplatz ein. Selbstverständlich wird in Äthiopien barfüssig eine Kirche betreten und somit die letzten 100 Meter bis zur Pforte der Kirche auch barfüssig geklettert, so dass auch wir unsere Schuhe an dieser Stelle deponieren. Christiane steigt als erste in den Gurt. Der Anseilknoten macht unseren Scout etwas Mühe, aber meine Hilfe mag er nicht annehmen. Einer der Scouts klettert (ungesichert) mit Christiane nach oben und gibt ihr Anweisungen wo welche Hand oder welcher Fuss platziert werden muss. Dann kommt das Seil wieder die Wand herunter und ich steige bevor ich mir zuviele Gedanken mache in den Gurt.
Der Weg nach oben ist einfacher als gedacht. Die Kommandos des mitkletternden Scouts sind hilfreich und alle Griffe sind wunderbar tief und leicht zu erreichen … alles easy, wäre da nicht die mögliche Fallhöhe. Oben angekommen ist die Erleichterung bei mir gross. Hinter mir kommt flink Conny nachgeklettert und strahlt oben mit mir um die Wette. Selbstverständlich war diese Kletterei für Sebastian nach seiner gestrigen „Grenzerfahrung“ am Debre Damo Kloster ein Klacks.
Die nächsten 80 Höhenmeter sind eine einfache Kletterei im Felsen und das Ziel, eine ca. 2 Meter breite Lücke zwischen zwei steilen Felsen hat man bereits vor Augen. Oben angekommen trifft mich der Schlag und meine Knie werden weich. Das kleine Plateau misst ca. 2 mal 2 Meter und die unserer Aufstiegsseite gegenüberliegende Seite fällt senkrecht mehrere 100 Meter ab. Zur Kirche sind es noch 10 Meter den leicht geneigten Felsgrat hinauf und dann auf einem schmalen Pfad 10 Meter um die senkrechte Wand herum. Ohne irgendeine Sicherung, nur am nackten Felsen „klebend“. Da vor uns eine Gruppe von 3 Hollländern noch die Kirche besucht, habe ich genügend Zeit das Für und Wider des Weiterkletterns mit mir selbst auszumachen. Wir sitzen in 600 Meter in der Wand über der Talsohle, wunderbar sonnenbeschienen und lassen uns von Gigi erzählen, wie der Tourismus in den letzten 10 Jahren die Situation in dieser Gegend positiv verändert hat. Gigi hat eine Ausbildung zum Guide gemacht, führt Besucher wie uns durch seine Berge und hat damit sein Auskommen. Es reicht für Essen und Kleidung. Die Kinder betteln nicht auf der Strasse Touristen an und Vieles läuft geregelter ab (siehe Quittung beim Zustieg zur Kirche). Interessant war es auch zu hören, wie er als Tigrayer die politische Situation in Äthiopien sieht. Die Leute aus Gondar (Amhari) töten aus Wut auf die Regierung (dominiert von den Tigrays) seine Leute. Unvorstellbar für uns, dass aus Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe der Grund für Gewalt herrühren kann … anderseits wie lang liegt der Konflikt im ehemaligen Jugoslawien zurück!
Inzwischen kommt die Gruppe der 3 Hollländer zurück und einer von ihnen tut sich sehr schwer am Felsen. Ich glaube das lässt mich meine Entscheidung treffen, dass es mir bis hierher ausreicht … Bestimmt käm ich bis zur Kirche, aber nie wieder zurück. Sebastian und Christiane ersteigen die Wand und Conny wartet mit mir auf ihre Rückkehr. Zumindest unsere Kamera schafft es bis in die dunkle Felsenkirche.
Bedaure ich es? Ein klein wenig! Aber ich kenne meine Grenzen und hatte so noch genügend Kraft für den doch auch ein wenig fordernden Weg hinab. Das Abklettern der Felswand machte richtig Freude und die Beine trugen sicher. Damit auch Conny und ich zu unserer Felsenkirche kamen suchte Gigi für den Nachmittag ein deutlich einfacheres Ziel aus. Die Felsenkirche soll seiner Auskunft nach bereits weit über 1000 Jahre alt sein. Die winzige Kirche, mehr eine Kapelle wurde ca. 10 Meter tief in den Felsen geschlagen und ist äusserst schlicht gestaltet. Gewidmet ist die Kirche dem heiligen Sankt Georg. Wir haben grosses Glück und können einer Messe beiwohnen. Ein Priester und 4 oder 5 Diakone singen und brabbeln, beobachtet von 3 am Boden kauernden alten Frauen und uns Reisenden.
Das „Feierabendbier“ haben wir uns nun redlich verdient …
Hej ihr lieben!
Schön zu lesen dass es euch gut geht!
Wisst ihr wie ich diesen Beitrag gelesen habe?
Mit Schweisshänden 😉
Ich wünsche euch noch eine ganz schöne Zeit!
Kommt bald heil und gesund zurück!
Wir vermissen euch!
GLG Maike
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Ja, wir haben hier auch oft Schweißhände 😉 Liebe Grüße in die Heimat, Conny & Jörg
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