Dunst über Buchara

Der Himmel über der Oasenstadt leuchtet gelb, die Sonne kämpft sich durch den Dunst aus Feuchte und Sand. Trotz, oder wegen des zugezogenen Himmels glüht die Stadt. Das Thermometer zeigt in den frühen Nachmittagsstunden 41 Grad Celsius an. Wir schwitzen nicht … jede Feuchtigkeit verdampft sofort 😉. Geweckt wurden wir heute schon früh durch das Schlagen der Fensterläden, das Knarzen der Dielen über uns und das leise Summen des kleinen Kühlschranks in unserem Zimmer. Wir wohnen für zwei Tage im Komil Guesthouse, einem sehr alten Gebäudekomplex mit mittelalterlich anmutenden Strukturen. Der Frühstücksraum wurde bereits etwas renoviert: ist er doch schon über 100 Jahre alt. Das Guesthouse liegt an einer staubigen Gasse mitten im ehemaligen jüdischen Bezirk von Buchara und die hohen, fensterlosen Aussenwände lassen die bunte Pracht im Inneren nicht vermuten.

Die Stadt ist laut, voller Touristen und Besucher aus ganz Usbekistan. Von den bunten orientalischen Gebäuden, Medresen (alte Koranschulen), Moscheen und Mausoleen lenken uns immer wieder Strassenhändler ab. Buchara ist ein einziger Basar für Touristen: Tücher aus Seide, Filz oder Kamelwolle, Keramik, Puppen und andere Souvenirs. Für meinen Geschmack zu viel Kommerz … Die vielen Ruinen, die zu Sowjetzeiten verwahrlosten, werden mehr oder weniger gut restauriert und dienen heute als Touristenmagnete und sollen zahlungskräftige Touristen anlocken. Oft werden Eintrittsgelder verlangt, nur von Ausländern, Usbeken kommen meistens gratis hinein. Solche, vom Staat gelenkten Initiativen fördern unserer Meinung nach Korruption und wir spüren oft, dass wir als Geldgeber willkommen sind, aber mehr auch nicht. Ein wenig enttäuscht waren wir dann auch, weil echte Gastfreundlichkeit nur selten zu finden war. Anvar hatte uns ja bereits gewarnt, es gäbe viele Landsleute von ihm, die sehr pauschal denken: Tourist = reich, da können sehr hohe Preise verlangt werden. Ein paar mal haben wir das auch schon erlebt – fairer Weise müssen wir aber auch gestehen, dass wir sehr schlechte Verhandler sind 😳. Dass es auch anders geht, erleben wir zum Beispiel in dem etwas abseits des Haupttrubels liegenden Restaurant Mavrigi: sehr freundliche Bedienung und faire Preise und die Salate und Kebab Menüs sehr lecker!

Wir schauen uns eine Fotoausstellung mit fantastischen Bildern an und bleiben auf dem Kunstmarkt bei einer jungen Künstlerin hängen, die Miniaturen auf altem, gewaschenen Papier malt. Sebastian und Jörg verlieben sich sofort in zwei kleine Bilder mit Granatapfelbäumen. Buchara war lange Zeit eines der Zentren einer islamischen Strömung, der wir bereits im Iran und der Türkei begegnet sind, dem mystischen Sufismus mit seinen asketischen Tendenzen und den tanzenden Derwischen. In dieser Philosophie steht der Granatapfel für Glück und viele Freunde … ein schönes, für uns passendes Bild!

Die Abendstunden sorgen für etwas Abkühlung, 30 statt 40 Grad. Die Gassen leeren sich langsam und wir geniessen die Architektur fast für uns allein im Zwielicht der Scheinwerfer. Und es gelingt fast das Disneyland Buchara kurz zu vergessen und mitten im Morgenland vor einem alten Holztor einer Karawanserei zu spüren, welche Bedeutung diese Oasenstadt einmal hatte …

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