Eigentlich sollte das ein ganz ruhiger Blog werden … aber diese Rechnung habe ich ohne die Belegung unseres Schlafwagens von Urgensch nach Taschkent gemacht. Wir erleben gerade eine Metamorphose unseres Mitreisenden Thomas. Aber der Reihe nach …
Heute ist wieder Reisetag. Es geht durch die Nacht zurück nach Taschkent. Wir wurden von 2 sehr freundlichen Taxi Fahrern, wovon einer sogar in unserem Reiseführer empfohlen wird 😇, sicher von Chiva nach Urgensch gefahren. Urgensch ist die neue, inzwischen bedeutendere Stadt in der Region und verfügt über den Anschluss an das usbekische Bahnnetz. Der neue, ebenfalls palastartige Bahnhof war kurzer Zwischenstopp bevor es am Nachmittag mit dem Nachtzug weiter in die Wüste hinein ging. Conny, Christiane, Sebastian und ich teilen uns das 4er Abteil und Thomas quartierten wir zwei Abteile vor uns bei 3 seriös aussehenden, Anzug tragenden Usbeken ein. Die Wärme und das etwas eintönige Programm vor dem Zugfenster liess meine Mitreisenden schnell eindösen. Ich entschied mich dafür die vorbei gleitenden Bilder mit einem passenden Soundtrack zu untermalen.
Ich höre sehr gern Max Richter und besonders mag ich sein 8 Stunden langes Werk „sleep“. Genau die passende Musik für den Blick aus dem Abteilfenster des recht gemächlich durch die ockerfarbenen Wüstenlandschaft rollenden Zug. Die tiefen, beruhigenden Basstöne passen sich gut ein in die Geräuschkulisse der fahrenden Bahn. Die ruhige Musik mit feinen Melodien und wiederkehrenden Motiven in der Kombination mit der sich nur minimal verändernden Landschaft hat etwas sehr meditatives und hilft alle störenden Gedanken zurück zulassen … eine Zen Übung 😇.
hier kommt dann bald noch ein timelapse video … Versprochen!
Von Thomas hörten wir 2 Stunden garnix und ich ging davon aus, dass auch er vor sich hin döst. Mitten in meiner Meditation stand Thomas in unserer Abteiltür mit leicht gekreuztem, aber seligen Blick auf der Suche nach Asyl. Die 3 Herren seines Abteils hatten kurz nach Urgensch die Anzüge aus und die Freizeitkleidung angelegt. Mischa, Kolja und Alek besiegelten gemeinsam mit Thomas und 3 Flaschen Wodka, gegrilltem „Vogel“ (wir vermuten Brathähnchen), hartgekochtem Ei, Gurke und Brot die deutsch usbekische Freundschaft. Thomas verdaute die zwei voll gefüllten Teegläser mit Wodka in unserem Abteil, wurde aber recht schnell von seinen neuen Freunden vermisst. Inzwischen kennen wir den gesamten Wagon, haben verschiedenste Sachen zum Essen und Trinken zum probieren bekommen und uns gut mit einer älteren Dame, einer Englisch Lehrerin, unterhalten können. Thomas lacht, singt russische Eisenbahnlieder und spricht mit Händen, Füssen und seinem wieder erinnertem Schulrussisch mit allen hier im Wagon … eine Metamorphose.
Die Dunkelheit hat sich vor dem Abteilfenster ausgebreitet und im Wagon wird es merklich ruhiger. Wir sind gespannt, wie Thomas schlafen konnte, vielleicht der Stoff für einen weiteren Blog. Jedesmal, wenn ich zukünftig „sleep“ hören werde, wird vor meinem geistigen Auge die Wüste einschläfernd vorbei gleiten … sleep well!