Ruhe. Ein Hund bellt in der Dunkelheit und wieder Ruhe. Wir sitzen im grössten Zimmer des Hauses unserer Gastgeberin Lenara in Arslanbob und sind satt und zufrieden von einem sehr guten Abendessen, welches wir uns aber auch redlich erwandert haben.
Der Charakter unserer Reise hat sich an der usbekisch-kirgisischen Grenze grundlegend geändert. Statt Wüste und Kultur geht es jetzt um Berge und Trekking. Statt allein sind wir jetzt mit Anatoli, dem Fahrer unseres Toyota
Minibusses und unserem Guide durch Kirgistan, Alik unterwegs … wir können uns zurücklehnen. Auch sehr angenehm. Gemeinsam verbrachten wir unseren ersten Abend und einen halben Tag in der zweitgrössten kirgisischen Stadt, Osh. Wir verirrten uns nicht auf dem riesigen Basar, voll mit allen möglichen Waren, die oft direkt aus alten Übersee-Containern heraus angeboten werden. Barfüssig bewältigten wir unsere erste kleinere „Bergwanderung“, auf den mitten im Stadtgebiet stehenden Fels, der ein heiliger Ort, der Thron Salomons, ist. Im Felsen finden sich einige kleinere Höhlen, in die wir auf blank gewienerten Felsen hineinkriechen konnten, um uns an einer schwer zugänglichen Engstelle den Tropfen Allahs, der sich dort an der Felsdecke bildet, auf die Augen zu schmieren. Ein mehrmaliges Rutschen in einer Felsrinne erfüllt entweder grundsätzlich Wünsche oder im speziellen den Wunsch nach Kindern … hier unterscheiden sich wieder die Angaben der Reiseliteratur.
Im Gegensatz zu Usbekistan bedeutet im Auto unterwegs sein nicht mehr Todesängste auszustehen. Grundsätzlich fliesst der Verkehr langsamer und Anatoli manövriert unseren Minibus sehr entspannt und somit ganz in unserem Interesse durch die kirgisische Landschaft. Die meisten anderen Fahrzeuge auf den Strassen haben ihre besten Zeiten bereits in Japan (z.B. unser Minibus) oder Deutschland erlebt und sind mit der Originallackierung, inklusive z.B. deutscher Handwerkerbetriebsbeschriftung unterwegs. Gemeinsam kämpft sich der Verkehr langsam die runden, mit grünem Grass bedeckte Berge, die das Fergana Tal umschliessen, hinauf. Auf über 2000 Metern erreichten wir einen Pass und rollten Dzhala Labad entgegen. Hinter dieser Stadt bogen wir in Richtung der Berge der Fergana Kette ab, folgten einem meist recht schnell strömenden Fluss in einem voller Geröll gefüllten Flussbett unserem Etappenziel Arslanbob entgegen.
CBT (Community based tourism) steht für einen nachhaltigen Tourismus, der das erwirtschaftete Geld in der jeweiligen Gemeinde halten soll. CBT ermöglicht es uns bei einer einheimischen Familie auf ihrem sehr schönen Hof zu übernachten und mit kirgisischer „Hausmannskost“ bekocht zu werden. Gemeinsam mit der Hausherrin, Lenara, ihrer Tochter, einem Hundewelpen und 2 grossen und vier Baby Katzen und ungezählten Hühnern und Kücken teilen wir uns das schöne, aber recht kalte Holzhaus, in dem es meist sogar elektrischen Strom hat 🙂, einen grossen Hof und Gemüsegarten. CBT knüpft Partnerschaften mit ausländischen Sponsoren, im Fall von Arslanbob, der Schweiz. Liegt auch auf der Hand … Arslanbob könnte das Zermatt oder Davos Kirgistans sein. Der Ort liegt umgeben von grossen Walnusswäldern auf 1400 Metern vor einer steil aufragenden Bergwand. Die höchste Erhebung des Babash Ata Massiv ist 4400 Meter hoch und ragt schneebedeckt aus der Wolkendecke. Die Tourismus Projekte, die CBT in der Gemeinde entwickelt, entsprechen den touristischen Highlights der Schweizer Berggemeinden. Mit gesponserten, alten Skiern aus Europa versucht man im Winter Skitouren anzubieten (es gibt keine Liftanlagen 🙂) und im Sommer geht es ums Wandern, Hochtouren gehen und klettern.
Wir durften heute mit einem Führer, der von CBT als Guide und zudem in Englisch ausgebildet wurde auf über 2200 Meter bergwandern, in die Tiefe eines tosenden grossen Wasserfall blicken, bei Regen in einer Schutzhütte picknicken und, mein Highligth, durch einen von der wieder durch die Wolken gebrochene Nachmittagssonne mystisch beleuchteten Walnusswald zurück in den Ort wandern. Der Wald ist ein echtes Wunder … egal in welche Himmelsrichtung du dich von Arslanbob nur wenige Kilometer entfernst, du landest in einer öden Gegend … in Richtung Süden sind es die bis zu den 7000 Meter hohen Gipfeln des Pamirs. Im Westen wissen wir, wie trocken und heiss es in der usbekischen Wüste sein kann, nach Norden wartet die kasachische Steppe auf dich und im Osten der chinesische Teil der Wüste Gobi. Und hier wanderten wir durch einen grünen Wald, der der Ursprung der Walnuss-, Äpfel-, Kirsch- und Pflaumenbäume in unseren europäischen Gärten ist. Der Ruf eines Muezzin, welcher aus der Ferne zu hören ist, erinnert daran, dass dieser Wald weit weg, von denen in der Schweiz oder in Deutschland entfernt in Zentralasien liegt.
Uns gefällt die Idee von CBT mit einer nachhaltigen Entwicklung des Tourismus unter der Einbeziehung der örtlichen Bevölkerung und auch unsere nächsten Gästehäuser und die Jurten gehören der Organisation an. Es bleibt also zwar einfach aber familiär …