Wir reisen gern … und wir arbeiten gern. In den letzten Jahren hat sich das 11 Monate Arbeit und ein Monat Reise Modell bewährt. Die Lösung (11+1) stimmt für uns, weil wir in den 11 Monaten einer uns befriedigenden Arbeit nachgehen. Viele Firmen haben ein Motto, eine Vision. Oft ist das so ne abstrakte, schwer greifbare Sache … diese Slogans. Aber gerade eben erleben, erfahren wir diese Vision so unmittelbar, dass wir beide Gänsehaut haben.


Langsam gleitet unser kleines Schiff an der Abbruch Kante eines riesigen Gletschers vorbei und wir stehen mit Tränen in den Augen vor diesem Naturspektakel. Es ist ein ergreifender Anblick, der sich sehr schwer in Worte, Bilder oder Video Schnipsel fassen lässt. Ich versuche es trotzdem. Der Grey Gletscher ist ein Auslassgletscher des riessigen patagonischen Eisfeldes. Vor unseren Augen kalbt der Gletscher in den See Largo Grey. Die Kante ist fast zum greifen Nahe. Das Eis erhebt sich und ragt sicher 20 Meter über das Niveau des Sees. Wir sehen weisse Flächen, tiefe Risse und blau funkelnde Spalten. An den Stellen, an denen Eisbrocken in den See abgebrochen sind, strahlt das Eis Saphirblau. Jeder sollte auch in Zukunft die Chance haben, dieses Naturwunder sehen zu können. Und da ist sie die Vision von einer Welt mit einem stark reduzierten CO2 Ausstoss und die Widersprüche in uns (Fliegen, um dieses Wunder sehen zu dürfen)



Wir sind mitten im Nationalpark „Torres del Paine“. Heute am Morgen haben wir die ersten Regentropfen während unserer Reise durch Chile auf unserer Haut gehabt. Ein starker Wind schiebt dunkle Wolken am Himmel rasch von links nach rechts. Die die letzten Tage so dominierende Bergtürme des gleichnamigen Massivs sind hinter einem grauen Schleier verschwunden. Wir fahren trotzdem die 30 Kilometer über eine gute Schotterpiste in den Park hinein und beobachten skeptisch den Himmel. Als wir den Wagen parken, reisst tatsächlich der Wind erste blaue Löcher in den wolkenverhangenen Himmel.

Um zum Grey Gletscher zu gelangen wandert man am steilen Ufer des Largo Greys entlang oder nutzt das kleine Expeditionsschiff. Wir haben das Boot gewählt – optimistisch – betrachten aber nun skeptisch die hohen Wellen, die der Wind energisch gegen das Ufer bläst. Kaum kommen wir vorwärts. Wir stapfen, mit schrägem Oberkörper gegen den Wind ankämpfend, über eine lange Kiesstein Landzunge zu einer kleinen Insel und dem Schiff entgegen. Über eine schmale Rampe gelangen wir direkt vom Ufer auf das Boot. Das Schiffspersonal trägt bereits sehr wetterfeste Kleidung und dicke Rettungswesten. Diese orangen Dinger liegen bereits an unseren Sitzplätzen für uns parat.


Langsam fährt das Boot aus der windgeschützten Bucht und eine turbulente Achterbahnfahrt beginnt. Es ist ein beständiges Auf und Ab des nicht wirklich grossen Schiffs. Durch die breiten Frontfenster ist entweder das aufgewühlte, steingraue Wasser des Sees oder der inzwischen blaue Himmel zu sehen. Zuerst lässt sich der Gletscher in der Ferne nur erahnen – letzte Nebelfelder versperren die Sicht. Aber dann gewinnt die Sonne und sogar der Wind flaut etwas ab. Wir dürfen in die dicken Rettungswesten schlüpfen und endlich nach draussen aufs Deck. Über eine Stunde kreuzt das Schiff an der schroffen Eiswand entlang. Wir können uns vom Anblick nur schwer lösen. „Versüsst“ wird der Abschied vom Gletscher mit einem Glas Pisco Sour … gekühlt mit dem Eis eines ins Boot gezogenen Minieisberges.


Die Bootfahrt hatten wir uns redlich verdient. Am Tag zuvor waren wir auf einer der Etappen des „W-Trecks“ unterwegs. Die Wanderung sah in der Planung recht einfach aus: 22 Kilometer laufen, 1000 Meter hoch und wieder runter. Aber sie hatte es echt in sich. Grosse Wegstrecken führten relativ flach zum Berg und dann an einem malerischen Tal entlang. Dafür waren die Anstiege mega knackig, meist steil den Hang geradeaus ansteigend, ohne traversierende Kurven. Aber die grösste Herausforderung waren die tausenden Mitwanderer. Die Trekker kamen uns mit ihren grossen Rucksäcken schwankend im Aufstieg entgegen. Mit uns strömten wirklich Menschenmassen den Berg hinauf … dicht an dicht. Es sah fast wie bei einer Mont Everest Besteigung aus. Meist geht es durch einen idyllischen Wald an einem munter sprudelnden Bach entlang. Im schattigen Wald ist es angenehm zu wandern … die Passagen ohne schattenspendende Bäume fordern einen in der stechendend Sonne recht heraus.


Auf den letzten Metern kämpft man sich durch ein ordentliches Geröllfeld und dann öffnet sich ein Amphitheater von epischem, wagnerischen Ausmass. Ein grauer Gletschersee bildet die Bühne um den herum die Türme steil aufragen. 1000 Meter hohe glatte Felsen – ehrfurchtgebietend – wären da nicht die anderen hundert Selfie Fotografen die sich in beste Instagram Posen werfen und die Sicht verstellen. Keine Ruhe … da ist er wieder, der eigene Widerspruch. Wir sind auch hier. Vermutlich zu spät am Tag … die W-Treck Wanderer durften bestimmt einen grandiosen Sonnenauf- und/oder -untergang hier bewundern.


Wirklich grosses Kino im Nationalpark ist das Wetter und das damit entstehende Licht … es kann innerhalb kurzer Zeit kalt grau oder warm und bunt sein. Am letzten Tag im Park fällt tatsächlich Schnee und das Massiv ist bis in tiefere Lagen mitten im südlichen Hochsommer weiss gezuckert. Aber die Sonne ist wie gewohnt schnell wieder da …


Interessant und eindrücklich! Vielen Dank, dass wir trotz grosser Distanz über den Blog an eurer Reise teilnehmen dürfen. Leider will es mit einem Kommentar auf dem Blog trotz WordPress-Passwort etc nicht klappen, darum eben nun wenigstens per mail. Paula war gestern auch an einer guten GV, leider nur mit 3 Vertreterinnen des Theater-Ressorts.
Liebe Grüsse und alles Gute für den Rest des Abenteuers
Paula & Peter
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Wir danken für das Interesse an unseren Reisen … liebe Grüsse aus Calama
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