Mit einem lauten Krachen landet der letzte Stempel in meinem Reisepass. Die etwas streng blickende Beamtin in schöner blauer Uniform schiebt mir das Dokument über den Tresen und lächelt immer noch nicht … meine Charme-Offensive mit Lächeln nützt nichts. Egal, wir können weiterreisen nach Botswana.

Unsere beiden Jeeps sind mit uns heute morgen sehr zeitig von der Campsite in der Nähe von Katima Mulilo gerollt. Noch 60 Kilometer bis zur namibisch – botswanischen Grenze. Wir hören das deutschsprachige Radio Namibia mit einer etwas skurrilen Samstag Morgen Sendung. Ein bunter Mix aus gut abgehangenen Pop Songs der 70ziger und 80ziger (wann haben wir das letzte mal Chris de Burgh im Radio gehört?) und guten alten Schlagern. Natürlich grölten wir bei „Vielen Dank für die Blumen“ laut mit.

Aber jetzt ernsthaft werden. Wir rollen in den von einem Stacheldrahtzaun umgebenen Grenzkontrollbereich. Die Autos werden unter schattengebenden Dächern geparkt und dann gehen wir zum Immigration Schalter und füllen ein klitzekleines, heftig bedrucktes Formular aus … alle Informationen zu uns, exklusive der Schuhgrösse. Dann zum Beamten und freundlich blicken … rums ist der namibische Ausreise Stempel im Pass. Danach geht es zurück zum Jeep und wir fahren langsam der Grenzbrücke über dem Chobe entgegen.
Vor der Brücke ist noch ein schattenspendendes Zelt mit 2 Männern in Tarnflecken Uniform … ein schmaler, junger Mann und eine ältere Ausgabe davon, die die Uniform mächtig gewaltig ausfüllt. Letzterer macht nach meinem Stop eine kaum wahrnehmbare Handbewegung. Ich rolle langsam weiter und stelle fest, dass ich seine „Nicht-Geste“ missverstanden habe. Jetzt wird er deutlicher. Die Hand deutet immer noch eher wage an, dass ich zurückzurollen habe und aus dem Auto steigen muss … und das alles mit nur einer minimalen Geste plus grimmigen Gesichtseindruck!
Vor uns liegen nun zwei von diesen üblichen dicken Kladden und wir haben uns alle einzutragen … wieder Passnummer, Fahrzeugnummer, Motorregestriernummer, Chassisnummer, woher, wohin und die Schuhgrösse 🙂 … und dann dürfen wir langsam über den Chobe nach Botswana rollen. Nach der Brücke durchfahren wir ein Tauchbecken für unsere Wagenreifen und müssen wieder alle aussteigen. Wir trampeln ebenfalls mit all unseren Schuhen (nicht nur die an den Füssen) in einem Tauchbecken herum. Ein Schutz vor der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche, die es im nördlichen Teil von Namibia wohl gibt.
Zuerst geht es zur Blechhütte mit der Gesundheitskontrolle … Pässe und Impfausweise werden gründlich geprüft und die Angaben in einem weiteren Buch eingetragen. Danach treffen wir auf die oben beschriebene Beamtin hinter dem Schalter der botswanischen Immigration. Mit einem kleinen, spürbaren Aufatmen fahren wir nach ca. 60 Minuten aus dem Grenzbereich (1km/h … rasanter Grenzverkehr).
Eine leichte Steigung geht es vom Flussufer hinauf und wir durchfahren das Gate zum Chobe National Park und holpern durch Botswana. Inzwischen hat der Moderator beim immer noch zu empfangenen Radio Namibia gewechselt und es werden Klassiker der Rockmusik besprochen und gespielt. Genau als sich die schnurgerade Strasse zum Chobe Nationalpark öffnet, startet im Radio der Metallica Song: Nothing else matters … nichts anderes zählt … ein epischer Moment! Die am Strassenrand stehende Elefantenherde mit kleinen Jungtieren unterstreicht die Einmaligkeit dieses Augenblicks. Dieses Bild hat sich für immer mit diesem tollen Song verbunden … Danke Radio Namibia für dieses Kopfkino!!!


In Kasane stellen wir an unserer zukünftigen Campsite unsere Jeeps ab und wechseln in einen Minibus. Dieser bringt uns in 15 Minuten zum botswanisch – simbawischen Grenzübergang. Wieder ein ähnliches von einem Stacheldraht umschlossenes Areal in das wir einfahren. Wir schnappen unser leichtes Gepäck und erledigen in einem modernen Schalterraum die botswanische Ausreise. Natürlich füllen wir wieder jeweils ein Formular aus und stapfen dann weiter auf die simbawische Seite. Hier wird es etwas rustikaler … die erste Wellblechhütte neben dem UN Flüchtlingsmissionszelt ist die Gesundheitskontrolle. Wieder werden unsere gelben Impfausweise genau geprüft und wir erhalten einen abgestempelten Kontrollbeleg. Mit diesem geht es weiter zum nächsten Container, wo erhöht aus einem Fenster der simbabwische Immigration Beamte auf uns hinabblickt.

Ohne Langeweile aufkommen zu lassen … aber wir füllen wieder ein Formular aus, legen 30 US Dollar auf den Tresen und bekommen unser Visum in den Reisepass geklebt. Ich stehe als letzter vor dem Beamten und er ist zu einem Schwätzchen aufgelegt, das übliche woher, wohin, warum nur 1 Nacht in Simbabwe (immerhin stellt er uns ein 30 Tage Visum aus) und dann kommt er auf meinen Beruf … Produkt Manager für was? Also führe ich noch das kleine SIGA Verkaufsgespräch durch und erschliesse so quasi nebenbei noch den simbabwischen Markt für unseren Schweizer Arbeitgeber 🙂 …
Am simbabwischen Ausgang aus dem Grenzbereich wartet bereits der nächste Fahrer mit einem Minibus auf uns und fährt uns ruhig und sicher in einer Stunde zu unserem Zielort Viktoria Falls. Die Stadt liegt auf der südlichen Uferseite des Sambesi, gegenüber von Livingstone, dass sich am nördlichen Ufer auf der sambischen Seite an den Viktoria Falls befindet. Wir stellen unsere Taschen in der schnuckligen Lodge ab, besteigen den zur Lodge gehörenden Aussichtsturm und blicken über den Ort hinweg. Flaches, grünes Land mit einem mäandernden blauen Band darin … und eine riesige Gischtwolke die dort vor uns aufsteigt.



Die Lodge liegt am Stadtrand von Viktoria Falls und wir nutzen dankbar die Chance für einen „kleinen“ Stadtrundgang. Mit uns gleichzeitig verlässt einer der Köche die Lodge und wir kommen ins Gespräch. Talent, so heisst der Chef, begleitet uns. Wir tauschen uns zu unserem Alter aus (wir sind gleich alt … das verbindet ;-)), bekommen eine Empfehlung für das Dinner (das Beef Curry war lekker, wie auch die anderen mit einer indischen Note zubereiteten Speisen), er zeigt uns den kürzesten Weg zu den Wasserfällen und wir verabreden uns für morgen früh in der Küche.


… und nun stehen wir vor dem 3. eingezäunten Grenzbereich des Tages. Wir haben unsere Pässe in der Lodge gelassen und würden aber gern die Simbabwe mit Sambia verbindende Brücke besuchen wollen. Die lümmelnden Grenzbeamten sind sehr entspannt und schicken uns zum Immigration Schalter. Dort bekommen wir einen offiziell abgestempelten kleinen Zettel mit dem Vermerk, dass wir 6 Personen sind und schon verlassen wir wieder Simbabwe und laufen über die 110jährige Brücke zuerst ins Niemandsland und dann stehen wir auf der sambischen Uferseite des Sambesis. Conny, Christiane, Sebastian und ich haben damit den Sambesi zum dritten Mal überquert und das auf 3 von insgesamt nur 10 Brücken, die diesen mächtigen, 2700 Kilometer langen Strom queren … wir denken an die schöne Donna Ana Brücke (Der Weg ist das Ziel) und die „gefährliche“ Samora Michelle Brücke in Tete (Die offene Hand)



Natürlich ist die Hauptattraktion nicht die Stahlbrücke (ein bisschen schon für Brückenliebhaber wie mich :-)) sondern die tosenden Wasserfälle. Die Viktoria Falls sind wirklich beeindruckend und von der Grenzbrücke spektakulär zu beobachten. Der Sambesi fliesst im flachen Savannenland langsam dahin, um dann abrupt über eine Länge von fast 2000 Metern 110 Meter tief zu stürzen. Der Fluss ist gerade durch das Ende der Regenzeit sehr wasserreich. Die gesamte Front der Fälle versteckt sich hinter einer riesigen Gischtwolke. Wir werden immer nasser vom Sprühregen … aber hej, es ist wunderbar, die Feuchte auf der Haut zu spüren. Wir sind ebenfalls ein wenig eine Attraktion auf dieser Brücke und eine sambische Familie möchte unbedingt ein Selfie mit uns. Generell spüren wir, wie sehr die Menschen (gerade hier) auf den Tourismus angewiesen sind und sich freuen, dass die Reisenden nach 2 Jahren allmählich wieder zurück kehren.


Simbabwe gefällt uns … zumindest unser erster, zu flüchtiger Eindruck den wir in Viktoria Falls gewinnen können. Die Stadt ist sauber und bietet das volle touristische Programm. Wir nehmen den inzwischen obligatorisch gewordenen „Rock Shandy“ (viel weniger Alkohol als der bisher getrunkene Gin Tonic ;-)) auf der Terrasse des spektakulär über der tief eingeschnitten Sambesi Kluft liegenden Lookout Cafes … und stapfen als zufriedene, glückliche Reisende zurück zur Lodge und einem weichen Bett mit frischer weisser Bettwäsche entgegen … mission completed … Ziel erreicht!!!

PS: Pius … „lekker“ ist Afrikaans und gilt … „moi lekker“ 🙂
